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F&E-Förderung in NL und DE: Ein Vergleich der WBSO und der Forschungszulage

Wer als Unternehmer oder Entwickler an innovativen Technologien arbeitet, begegnet schnell Förderprogrammen wie der niederländischen WBSO oder der deutschen Forschungszulage. Beide zielen darauf ab, die Kosten für Forschung und Entwicklung (F&E) zu senken – unterscheiden sich aber in ihrer Umsetzung, den Anforderungen und der Praxis.

Was beide Förderprogramme verbindet

Beide Programme unterstützen Unternehmen steuerlich bei technischen Entwicklungsprojekten, die durch systematische Forschung oder experimentelle Entwicklung technologisches Neuland betreten. Sie sind branchenübergreifend anwendbar, solange die Projekte inhaltlich-technisch und nachweislich innovativ sind.

Sowohl bei der WBSO als auch bei der Forschungszulage ist eine sorgfältige Dokumentation essenziell. Unternehmen müssen belegen, dass das Projekt tatsächlich durchgeführt wurde (bzw. wird), wer daran beteiligt ist und wie sich die Entwicklung konkret gestaltet. Wer diese Anforderungen nicht erfüllt, riskiert Ablehnung oder Rückforderungen.

Bei der Antragstellung ist die Beschreibung der technischen Problemstellung in beiden Programmen auf eine begrenzte Zeichenzahl reduziert. Dadurch sind präzise und klare Formulierungen gefragt – was insbesondere im Deutschen anspruchsvoll ist, da dort häufig längere Satzkonstruktionen verwendet werden. Übersetzungen aus dem Englischen erfordern zusätzliche sprachliche Komprimierung, ohne technische Genauigkeit zu verlieren.

Ein weiterer relevanter Punkt ist der Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI). Während es früher teilweise genügte, bestehende Modelle neu zu kombinieren oder zu trainieren, setzen sowohl die WBSO als auch die Forschungszulage inzwischen deutlich höhere Anforderungen.

Bei der WBSO wird nach wie vor großen Wert auf eigenständig geschriebenen Quellcode in einer formalen Programmiersprache gelegt. Die Nutzung gängiger Frameworks wie TensorFlow oder PyTorch wird nur dann als förderfähig angesehen, wenn eine eigenständige algorithmische Weiterentwicklung oder ein klar erkennbarer technischer Neuheitswert vorliegt. RVO stellt hierzu regelmäßig gezielte Rückfragen, z. B. zur konkreten Eigenleistung im Code.

Auch bei der Forschungszulage wird die technische Tiefe von KI-Projekten zunehmend kritischer geprüft. Es reicht nicht mehr aus, bestehende Modelle lediglich auf neue Anwendungsbereiche zu übertragen oder standardisierte Methoden leicht abzuwandeln. Entscheidend ist, dass die Nutzung von KI mit nachweisbar neuem technischen Erkenntnisgewinn verbunden ist.

WBSO oder FZ – Wo liegen die Unterschiede?

Die WBSO erfordert eine Antragstellung vor Beginn des Projekts. Erst nach Genehmigung dürfen die zugehörigen Arbeitsstunden und Kosten geltend gemacht werden. Das sorgt für Planbarkeit und Rechtssicherheit, verlangt aber eine rechtzeitige und genaue Projektdefinition – was bei agilen oder dynamisch startenden Projekten eine Herausforderung sein kann.

Die Forschungszulage funktioniert dagegen anders, da das Verfahren zweistufig ist: Zuerst erfolgt die technische Bewertung durch die Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ), danach die steuerliche Bearbeitung durch das Finanzamt. Diese Aufteilung macht das Verfahren etwas schwerfälliger. Zusätzlich können Projekte sowohl nachträglich für bereits abgeschlossene Projekte als auch im Voraus für geplante Projekte beantragt werden: Der BSFZ-Antrag kann flexibel im Voraus oder rückwirkend gestellt werden. Die Prüfung durch das Finanzamt wird hingegen erst nach Ablauf des Geschäftsjahres auf Basis der tatsächlichen Entwicklung eingereicht. Diese Flexibilität ist ein Vorteil – allerdings besteht das Risiko, dass das Projekt rückwirkend nicht durch die BSFZ anerkannt wird.

Ein inhaltlicher Unterschied liegt in der Definition von technischer Neuheit:

In den Niederlanden reicht es aus, wenn eine Entwicklung für das eigene Unternehmen neu ist und technisches Wissen erfordert. In Deutschland wird auf den Stand der Technik innerhalb der Branche – oft auch international – abgestellt. Dadurch wird es schwieriger, kleinere Optimierungen oder interne Weiterentwicklungen als förderfähig darzustellen. Viele erfolgreiche deutsche Anträge sind daher mit Patentanmeldungen verknüpft oder stammen von besonders innovativen Unternehmen.

Ein besonderer Aspekt betrifft erneut KI-Projekte: Schon in Deutschland ist die Anerkennung von KI-Projekten im Rahmen der Forschungszulage anspruchsvoll, da ein klarer technischer Erkenntnisgewinn und eine eigenständige Weiterentwicklung nachgewiesen werden müssen. Bei der WBSO gestaltet sich die Beantragung jedoch noch deutlich schwieriger. Der Fokus auf selbst geschriebenen Quellcode in einer klassischen Programmiersprache und der hohe Anspruch an eigenständige algorithmische Innovationen führen dazu, dass KI-Projekte ohne sehr tiefgreifende technische Neuentwicklungen nahezu keine Chance auf Förderung haben. Gerade die Nutzung bestehender Frameworks wird extrem kritisch betrachtet. In der Praxis ist es daher fast unmöglich, klassische Machine-Learning- oder KI-Projekte erfolgreich im Rahmen der WBSO zu beantragen, wenn diese sich nicht durch substanzielle eigene Forschung und Entwicklung auf Code-Ebene auszeichnen.

Was überzeugt mehr?

Die WBSO überzeugt durch ihre klare Struktur, rechtliche Sicherheit nach Genehmigung und ein gut funktionierendes Online-Portal. Bei KI- und ML-Projekten ist die Definition von förderfähiger Innovation jedoch mitunter zu eng.

Die Forschungszulage ist theoretisch flexibler und besser auf agile Methoden abgestimmt. In der Praxis wirkt das Verfahren aber weniger transparent und ist durch die Zwei-Stufen-Prüfung aufwendiger. Antragstellende wissen oft nicht genau, wo die Schwelle zwischen „ausreichend technisch“ und „zu allgemein“ liegt.

Zwei starke Optionen für innovative Unternehmen

Beide Programme haben klare Stärken. Die WBSO ist strukturiert und fest im niederländischen Innovationssystem verankert. Die Forschungszulage bietet mehr Flexibilität, verlangt aber Ausdauer und eine gute technische Argumentation. Für Unternehmen, die ihre Innovationskraft überzeugend belegen können, sind beide Programme wertvolle Werkzeuge.

Jochum Groenendal

Senior Technisch Berater at Venderion

Basierend auf meinen Erfahrungen im letzten Jahr mit #Begutachtungen von #Softwareprojekten für die #WBSO in den Niederlanden und die #Forschungszulage in Deutschland habe ich meine Erkenntnisse zu diesem Thema in einem Artikel beschrieben.

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